Hallo Jan,
exemplarisch nur zwei Zitate von Dir:
Jan,23.09.2003,13:11>Du unterstellst, daß der Mensch von Grund auf zur Faulheit und zu einem Taugenichtsdasein tendiert und deshalb diszipliniert werden muß. Das ist eine typisch bürgerliche Verdrehung der Tatsache, daß der Mensch erst von einem Wirtschaftssystem zur Tatenlosigkeit verurteilt wird.
nein, ich unterstelle nicht, dass der mensch von grund auf zur faulheit tendiert. führen wir das ganze zurück auf einfache umstände. um zu essen, muss man von einem baum früchte flücken, das nehme ich jetzt mal als grundlage. dieses flücken ist anstrengend. aber, da man essen will (und muss, um dem überlebenstrieb rechnung zu tragen), nimmt man diese anstrengung auf sich. kann man sie vermeiden und dennoch essen, dann ist es die ratio, die fordert, diesen weg zu gehen. keine triebbedingte sache, sondern eine frage der vernunft. natürlich nur, wenn man einen eher egoistischen als altruistischen menschen unterstellt...
Wieso Du an dieser Stelle Altruismus/Egoismus erwähnst, weiß ich nicht?
Wichtig ist, daß Du feststellst, daß es vernünftig ist, zu essen, wenn einem schon die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.
Jan,23.09.2003,13:11>Zu sagen, daß wir Deutschen nicht produktiv genug sind, ist nationalistische Volksverdummung, die selbst die Propagandamaschinerie unserer glorreichen Vorfahren locker an die Wand spielt.
denke ich nicht. die produktivität ist, im internationalen vergleich, unterdurchschnittlich. die lebensarbeitszeit liegt rund 20% drunter, wenn ich mich recht entsinne. wären "wir deutschen" produktiv genug, hätten wir nicht die probleme, die wir haben, die das reformierte holland nicht in dem ausmaß hat. risiko-absicherung kostet. hat immer schon gekostet. heute kostet es geld, um auf mein beispiel mit dem baum zurückzukommen, da kostete es mehraufwand, um sich mehr früchte als nötig zu holen und einige zurückzulegen, falls man morgen nicht ernten kann. diesen zusammenhang zwischen absicherung und mehraufwand haben viele imho aus den augen verloren und der allumfassende staat, der ihnen die individuelle verantwortung abnimmt, tut sein übriges dazu, ihn nicht wieder in ihr blickfeld hineinzurücken.
Daß Du aber die Risiko-Absicherung, die im allgemeinen Sprachgebrauch die Aufrechterhaltung der Eigentumsverhältnisse gewährleistet, auf die Vorratswirtschaft runterbrichst, kann ich Dir nicht durchgehen lassen. Sowie der Mensch den gebratenen Tauben entsagt, und sich auf einen Anderen bezieht - und sei es der Mann auf dem Mond - und sich mit ominösen Produktivitätsstandards ins Verhältnis setzt, handelt er vollends unvernünftig und widernatürlich. Diese Paranoia ist der vom Konkurrenzdenken erzeugte Wahn, der sein Ebenbild im Spiegel sieht und vor sich selbst erschauert. Willkommen im Panoptikum!